Interview mit Anna Friedel von ANMO
Anna Friedel ist eine studierte Künstlerin und passionierte Teetrinkerin. Zusammen mit Frau Motoko Dobashi führt sie in Düsseldorf den Teeladen und Kunstausstellung ANMO. Im Interview mit Anna Friedel reden wir über das spannende und vielseitige Thema Pu Erh.
Das Interview mit Anna Friedel
Friends of Tea: Hallo liebe Anna. Wie hat sich die Situation mit Corona auf euer Geschäft ausgewirkt? Ich habe gesehen, dass ihr vor kurzen einen eigenen Online Shop gestartet habt. Wie läuft das so bisher?
Anna Friedel: Also in unserem physischen Laden haben wir das schon relativ früh zu spüren bekommen, schon als es in China mit Corona los ging. Da hat man schon früh gemerkt, dass die Leute anfangen, alles asiatische zu meiden. Auch aus dieser Angst vor dem Unbekannten.
Bei uns haben wir es eh schon viel mit Unsicherheiten zu tun. Die Leute fragen sich "warum ist dieser Tee so teuer?" und man ist ohnehin schon viel am erklären. Uns war also klar, dass wir den Online Shop relativ schnell umsetzen müssen, damit wir die Situation überleben. Zum Glück hat das auch schnell geklappt, momentan läuft es auch gut an!
Das klingt doch sehr gut. Ihr seit ja nicht nur als Teeliebhaber tätig, sondern auch als Künstlerinnen. Verkaut ihr Online denn nur Tee oder auch Kunst?
Kunst werden wir Online nicht verkaufen. Aber Sachen wie unsere Modekollektion mit Injury oder andere Kollaborationen werden da schon auftauchen. Im Online Shop fokussieren wir uns erstmal auf Tee und Teewaren. Aktuell ist uns erstmal wichtig, dass wir uns auf eine Sache fokussieren und dort die Struktur weiter verbessern.
Ursprünglich hast Du ja Kunst an der Akademie der Bildenden Künste in München Studiert. Wie hat dich dein Weg zum Tee gebracht?
Tee habe ich eigentlich schon immer getrunken. Ich hatte immer schon ein Interesse an natürlichen Heilverfahren. Mit 14 habe ich dann angefangen, mich mit Kräutern und Heilkräutern zu beschäftigen. Zum anderen hat mich meine Mutter, seit ich 12 war, mit Earl Grey mit Zucker geweckt. Ganz klassisch eigentlich.
Über Kung Fu und meinen damaligen chinesischen Arzt bin ich damals dann auf Pu Erh Tee gekommen. In Hong Kong habe ich dann angefangen, bei Sunsing (einem kantonesischen Teehaus) meinen Pu Erh Tee zu kaufen. Bis heute ist das unser Partner, mit dem wir für unseren chinesischen Tee zusammenarbeiten.
Was macht Pu Erh denn für dich so besonders? Wie hast Du eine Leidenschaft für diese schon sehr spezielle Teesorte entwickelt?
Gute Frage! Im Vergleich zu beispielweise Oolong Tee ist Pu Erh ja kein Tee, den man zum ersten Mal trinkt und sich denkt: "Wow, dieses Aroma!". Er hat einfach nicht dieses Willkommende.
Das ist ein Geschmack, der erst über die Zeit hinweg greifbar wird. Am spannendsten finde ich diesen Aspekt der Zeit und der Lagerung. Und zum anderen als Künstlerin auch die ansprechende die Form der gepressten Teekuchen.
Auch hat mich meiner erster Besuch bei Sunsing in Hong Kong fasziniert, bei dem ich das erst mal Sheng Pu Erh (jungen, ungereiften PuErh) getrunken habe. Davor kannte ich Pu Erh nur als Shou Pu Erh (bewusst fermentierter Tee) in eher schlechter Qualität. Mir war natürlich schon bewusst: dieser Tee schmeckt irgendwie erdig. Und dann habe ich diesen sehr, sehr jungen Sheng Pu Erh gekauft und der war eher bitter und grün. Und ich konnte damals nirgendwo was nachlesen, damals gab es kaum Infos über so spezielle Tees im Internet.
Heutzutage gibt es ja viel leichter Zugang zu solchen Informationen.
Genau! Aber es war trotzdem okay, weil ich dann eben durch probieren lernen musste. Als ich damals in Hong Kong war, wurde mir ein Pu Erh Tee aus den 80ern zum probieren angeboten, weil ein anderer Kunde den gerade dort gekauft hatte. Dieses Erlebnis hat mich schon sehr geprägt. Hätte ich den Tee damals nicht getrunken, wäre ich damals wahrscheinlich nicht so sehr in das Thema reingerutscht. Zu wissen: so kann dieser Tee auch schmecken. Das war für mich immer ein Motor.
Zum anderen bin ich durch die Kung Fu Seminare in China in Berührung mit Tee gekommen, weil viele der Kung Fu Meister auch Tee getrunken haben. Ich hab von vorne hinein mitbekommen, dass Tee trinken in Asien einen gesellschaftlichen Aspekt hat und eine Begegnung mit anderen bedeutet.
Hast Du Tipps für diejenigen, die noch nie Pu Erh getrunken haben? Wie kann man am besten in diese Teesorte einsteigen?
Ich stelle oft fest, dass viele glauben, dass Sheng besser ist als Shou Pu Erh. Sheng ist ja der rohe Tee, während Shou "künstlich" gereift wird (Anmerkung: Bei Shou Pu Erh wird durch eine spezielle Lagerung der natürliche Reifungsprozess beschleunigt). Das Verfahren dieses beschleunigten Reifungsprozesses gibt es seit 1972. Das Sheng besser ist als Shou, ist aber nur eine Halbwahrheit.
Natürlich kann man Sheng auch trinken, wenn er nur ein paar Jahre alt ist. Wirklich spannend werden diese Tees aber erst ab circa 20 bis 30 Jahren Lagerung. Bei solchen Tees sind die Preise dann natürlich entsprechend hoch. Es ist ein bisschen wie beim Wein. Du kannst nur darüber lernen wenn Du es auch wirklich trinkst.
Ich würde empfehlen, erstmal mit einem guten Shou Pu Erh anzufangen. Die sind preislich meist okay und man bekommt eine gute Vorstellung davon, wohin dieser Tee sich entwickeln soll und wie der natürlich gereifte Tee irgendwann schmecken soll.
Ich hab oft festgestellt, dass Leute, die gerne schweren Rotwein trinken, eher in die richtig Pu Erh tendieren, während Weißweintrinker hellere Geschmackstöne mögen und eher Gaoshan (High Mountain Oolongs) bevorzugen.
Wenn Du einen Tee auswählen müsstes, den Du auf eine einsame Insel mit nimmst, wofür würdest Du dich entscheiden?
Also ich darf nicht "Pu Erh" sagen und verschiedene Jahrgänge mitnehmen? Oder nur eine Kuchen? lacht
Wenn Du kannst, dann am besten einen spezifischen Tee oder Kuchen!
Was mich in letzter Zeit am meisten überrascht hat, ist der 1999er Sunsing Autumn Tea Cake. Der ist aktuell leider ausverkauft. Den würde ich auf jeden Fall mitnehmen, weil der wirklich unglaublich ist vom Geschmack und der Tiefe. Der Tee übertrifft sogar manche Sachen aus den 80ern und 90ern für mich! Das Material für diesen 99er Kuchen ist einfach anders, deswegen würde ich glaube ich den wählen.
Was macht diesen Tee denn so besonders für dich?
Bei Pu Erh ist es so, dass dass gepflückte Blattmaterial nur das eine ist. Gut bedeutet für die meisten, dass es unbelastet von irgendwelchen Schadstoffen ist und das es von einem wilden und am besten noch von einem alten Teebaum kommt.
Das nächste ist dann der Prozess der Verarbeitung. Bei Pu Erh Tee sind das ja wahnsinnig viele Verarbeitungsschritte. Dann kommt es noch auf die Lagerung an. Wie wird der Tee gelagert? Wo wird der Tee gelagert? Wenn Du etwas für 20 oder 30 Jahre lagerst, gibt es so viele Dinge und Faktoren zu bedenken. Man sollte zum Beispiel Shou und Sheng nicht zusammen lagern oder ganz alten Tee mit ganz jungen Tee in einen Raum stecken.
Wenn ein Tee in einem Teehaus, welchem ich vertraue, eine hohen Preis hat, dann liegt das nicht daran, dass die Leute einfach unverschämt sind. Sondern das bedeutet, dass sich jemand so viele Jahre um den Tee gekümmert hat. Man zahlt eben auch für die Expertise und die Wissenschaft drumherum. Das selbe Produkt verschieden gelagert kann einer komplett unterschiedlichen Qualität entsprechen.
Ein wirklich spannendes Thema. Liebe Anna, vielen Dank für das Interview!
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